Welche induktiven Beeinflussungselemente tragen als prägende Sozialisationsfaktoren dazu bei, dass Kinder und Jugendliche für eine gesteigerte Gewaltakzeptanz "anfällig" werden und einer "Ideologie der Ungleichheit" zumindest nicht ablehnend gegenüber stehen? Diese Frage impliziert die methodologische Einsicht, dass es keinesfalls genügt, eine detaillierte Beschreibung von Organisationen und Gruppen und ihren ideologischen Grundsätzen und Zielsetzungen in einem "Handbuch rechtsextremistischer Jugendkultur" einer politisch interessierten Leserschaft zukommen zu lassen. Vielmehr kann von dem umgekehrten "Weg" in die Gewaltakzeptanz und die Bejahung rechtsextremistischer Denkweisen eine Klärung der Eingangsfrage dahingehend erwartet werden, dass folgende Hypothese sich dem Prozess der Verifizierung oder Falsifizierung unterzieht, um als nachvollziehbare These eine Beantwortungshilfe und Entscheidungsgrundlage für soziales und politisches Handeln zu ermöglichen: Nicht die jeweilige Organisation "produziert" gewaltbereite Jugendliche in einer Art rechtsgerichteter "Kaderschmiede", sondern die Identität stiftenden Sozialisations- und Internalisierungsprozesse im Kindes- und Jugendalter bringen junge Menschen schließlich dazu, gewaltbesetzte Handlungsmuster zu bevorzugen und nationalistisches Gedankengut "ihr eigen" zu nennen und vielleicht - aber nur als eine Möglichkeit - den Weg in eine organisatorische Mitgliedschaft zu beschreiten. Das heißt: Gewaltakzeptanz und rechtsextremistisches Denken und Handeln finden sich im sozialen Bedingungsfeld in mannigfachen Erscheinungsformen, konkretisieren sich im zwischenmenschlichen Handlungsgefüge in vielfältiger Weise. Wenn ein junger Mensch in einer rechtsextremistischen Organisation Mitglied wird und deren Zielsetzungen vertritt, dann ist - um ein bekanntes Bildwort zu gebrauchen - "das Kind schon längst zuvor in den Brunnen gefallen". Nicht die neue "Plattform" verursacht primär die Verinnerlichung und das Umsetzen rechtsextremistische Orientierungsmuster, sondern eben diese Orientierungsmuster erfahren in einem langen Sozialisierungsprozess ihre spätere "end-gültige" Affirmierung, ihre bewusste uneingeschränkte Bejahung.
Beitrag
Rechtsextremistische Orientierungsmuster im Spannungsfeld von organisationsbezogener Sichtweise und identitätsbildender Faktorenanalyse
TUP - Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit (ISSN 0342-2275), Ausgabe 4, Jahr 2012, Seite 294 - 302
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Rechtsextremistische Orientierungsmuster im Spannungsfeld von organisationsbezogener Sichtweise und identitätsbildender Faktorenanalyse
TUP - Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit (ISSN 0342-2275), Ausgabe 4, Jahr 2012, Seite 294 - 302
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