Pressemeldung

Freitag, 01. Mai 2009

5 Fragen an Severin Schwendener

Severin Schwendener über die Gemeinsamkeiten von Neurobiologie und Literatur, die Vorteile langer Zugfahrten und seinen ersten Jugendroman "Stilles Gift".

Eine herrschaftliche Villa am Zürichsee. Hochgiftige Substanzen in einer Recycling-Fabrik. Und ein Motorboot, das mitten in der Nacht ablegt. Pascal kommt das alles nicht geheuer vor, was da auf dem Nachbargrundstück passiert. Gerade erst ist er mit seiner Familie von Lausanne nach Zürich gezogen und plötzlich verschwindet er spurlos. Seine neuen Freunde tappen im Dunkeln, genau wie die Polizei.
Severin Schwendener hat einen brisanten Umwelt-Krimi aus der Schweiz geschrieben und legt damit seinen ersten Roman für Jugendliche vor.





Severin Schwendener
, Jahrgang 1983, arbeitet in der Forschung und hat nach eigener Aussage den „besten Job“ der Welt. Aber weil seine Mutter ihm als Kind viel vorgelesen hat und er als Sechsjähriger beim Schreiben eines Theaterstücks für die Schule ‚Feuer gefangen hat’, zieht es ihn auch immer wieder zur Literatur.  






5 Fragen an Severin Schwendener:
 

Lieber Herr Schwendener, Sie haben vor Ihrem Jugend-Öko-Krimi „Stilles Gift“, der bei Beltz erschienen ist, bereits einen Krimi für Erwachsene geschrieben. Was gab den Ausschlag, einen Stoff für Jugendliche aufzubereiten?  

Ehrliche Antwort: ich wurde von Beltz angefragt. Selbst wäre ich wohl nicht auf den Gedanken gekommen, ein Buch für Jugendliche zu schreiben – ich ging nicht davon aus, dass ich das überhaupt könnte. Doch nach der Anfrage von Beltz war eigentlich sofort klar, dass ich es versuchen würde.
Außerdem fand und finde ich den Gedanken gut, Jugendlichen Bücher ganz allgemein näher zu bringen. Ein bisschen gegen TV und Playstation ankämpfen … Meine Mutter hat mir als Kind sehr viel vorgelesen, später habe ich dann TKKG, Fünf Freunde und weiß der Teufel was noch alles verschlungen, und nicht nur hat mir das immer sehr viel Spaß gemacht, sondern ich bin auch davon überzeugt, dass es viel dazu beigetragen hat, dass ich heute selbst schreibe. Weil ich nicht einfach nur konsumierend vor der Glotze saß. 

Anfangs hatte ich dann zwar etwas Zweifel, ob ich ein Buch für Jugendliche schreiben könnte, doch dann hab ich einfach ein normales Buch geschrieben. Christian Walther (mein Lektor) hat aufgepasst, dass die Sprache nicht allzu erwachsen wird, aber im Großen und Ganzen haben wir uns nicht um eine besonders jugendliche Geschichte bemüht. Meiner Ansicht nach ist das auch nicht unbedingt vorteilhaft: wenn man Jugendliche aus einer Perspektive der Erwachsenen literarisch sozusagen auf die Schultern tätschelnd behandelt, werden die das nie akzeptieren. Jugendliche wollen ernst genommen werden, und das fängt damit an, welche Geschichten man ihnen erzählt. 

Werden Sie weiter für Jugendliche schreiben? Und weiter für Erwachsene oder löst das eine das andere ab?  

Ich werde definitiv für Erwachsene weiterschreiben. Ein Buch ist bereits fertig, an einem weiteren bin ich dran. Der Spielraum ist halt schon größer, außerdem die Themenvielfalt. Nehmen Sie den Charakter eines alten Mannes, der bald sterben wird. Sehr interessant, darüber eine Geschichte zu erzählen, aber ungeeignet für 16-Jährige. Ich hätte das damals auch nicht lesen wollen. Andererseits ist mir Nachwuchsförderung sehr wichtig. Damit meine ich nicht unbedingt, Schriftsteller züchten zu wollen, aber jungen Menschen ganz generell das Lesen näher zu bringen. Es geht ja nicht nur um Bücher. Wer Bücher liest, liest auch die Zeitung oder Magazine, es ist eine ganze Welt, die sich einem durchs Lesen eröffnet, und ich finde das außerordentlich wichtig. Ein sauber recherchierter, vierseitiger Artikel über irgendein Thema bietet meiner Ansicht nach eben doch einen ganz anderen Einblick als eine Doku am Fernsehen. Lesen muss Spass machen und unterhalten, und dafür sind Bücher wie „Stilles Gift“ da. In diesem Sinne kann ich mir durchaus vorstellen, diesem Jugendroman einen weiteren folgen zu lassen. Je nach Anklang, den „Stilles Gift“ findet, vielleicht auch eine Fortsetzung. Aber das hängt dann ja nicht mehr nur von mir ab.  

Wie, wo und wann kommen Sie auf die Ideen für Ihre Romane?  

Hauptsächlich im Zug und unter der Dusche. Ich fahre jeden Tag 2 Stunden Zug zur Arbeit, und das ist der ideale Zeitpunkt, die Gedanken treiben zu lassen. Ich hirne natürlich nicht permanent an irgendwelchen Stories herum, aber manchmal fällt einem doch was ein. Der zweite Platz ist die Dusche – auch da hat man seine Ruhe, kann sich entspannen und muss sich auf nichts anderes konzentrieren. Dann kommen die Ideen.  

Welche AutorInnen lesen Sie selber gerne?

Leider lese ich viel zu wenig, seit ich nicht mehr soviel Freizeit habe… Das Arbeitsleben geht auch an mir nicht spurlos vorüber. Wenn ich lese, dann, um unterhalten zu werden. Mein absolutes Lieblingsbuch ist ‚Das Rätsel des Philosophen’ von José Carlos Somoza, dann mag ich auch Rebecca von Daphne duMaurier sowie mehrere Bücher von Robert Harris. Er verbindet als Historiker Tatsachen mit spannenden Geschichten – sehr beeindruckend. Den einzigen Klassiker, den ich sehr gut gefunden habe – von den wenigen, die ich gelesen habe – war Oscar Wildes Dorian Gray. Einfach genial! Sonst lese ich sehr gerne – wen wundert’s – Krimis und Thriller, zum Beispiel von Kathy Reichs, Ken Follet uva, deren Namen mir jetzt nicht mehr einfallen.  

Was verbindet Ihren Beruf mit Ihrem Hobby oder was trennt die beiden Dinge?

Ich wohne irgendwo total im Abseits, weil ich die Ruhe schätze, bin ein absoluter Fan von alten Autos (die mein ganzes Geld auffressen) und liebe die Natur. Mein Großvater hat mir zwei Parzellen Wald geschenkt, und da verbringe ich bei schönem Wetter viel Zeit. Ich interessiere mich für Gesellschaft, Geschichte und Politik sowie Naturwissenschaften, und ich bin der festen Überzeugung, dass ich den besten Job der Welt habe! Forschung ist schlicht und einfach etwas Wundervolles, eine Herausforderung jeden Tag, und sie zeigt immer wieder aufs Neue, wie klein und nichtig wir sind, und wie wenig wir von der Welt verstehen, in der wir uns bewegen. Während die Bücher eher die emotionale Seite von mir ansprechen, richtet sich die Forschung an den Verstand, an die Logik, und ich möchte keines der beiden missen.  

Das Gespräch führte Leslie Schnyder