Pressemeldung

Mittwoch, 27. April 2022

Die Kraft des Fragens – Interview mit Stefan Scholer und Andreas Patrzek

Fragen gehört zu den Schlüsselkompetenzen aller Trainier:innen und Coaches. Stefan Scholer und Andreas Partzek sind Experten auf dem Gebiet. Wir haben Sie zu ihrem neuen Buch "Die Kraft des Fragens" interviewt.

 

 

 

Beltz: Herr Scholer, Herr Patrzek, Sie haben mittlerweile viele Bücher zum Thema Fragen geschrieben. Wie kamen Sie auf das Thema?

Patrzek: Ich war als Trainer und Coach im Bereich Management-Training unterwegs und führe lange Zeit Sequenzen von Seminaren für Führungskräfte durch. Einer der Schwerpunkte dieser Seminare waren Rollenspiele, in denen Mitarbeitergespräche geübt wurden. Und da fiel mir einfach auf, dass die meisten Führungskräfte viel zu wenig fragen: Meistens führten sie entweder Monologe oder sie trafen Aussagen. Aber die Sicht der Mitarbeiter gezielt einholen: Fehlanzeige.
Beim Recherchieren stellte ich fest, dass zu diesem Thema passende Literatur fehlte.

Beltz: Wie kam es zu Ihrer Kooperation?

Patrzek: Ich hatte ungefähr sechs Kapitel geschrieben und war plötzlich ratlos, wie es nun weitergehen sollte, zudem stellte sich auch die bis dahin vorherrschende Kapitel-Dramaturgie als nicht tragfähig heraus. In einem Gespräch mit Stefan, in dem wir ein anderes gemeinsames Projekt diskutierten, offenbarte ich ihm mein Dilemma, und er rettete das Projekt, indem er sich „aktiv einmischte“. Er erkannte die Schwachstellen im Text, und wir vereinbarten fortan, wie wir es gemeinsam voranbringen. Und dabei blieb es. Von da an war es ein wenig wie in einer normalen Partnerschaft, da reift man miteinander. Ganz am Anfang, bei unserem ersten Buch-Projekt „Systemisches Fragen in kollegiale Beratung“, machten wir den Anfänger-Spiel-Fehler: Der eine schreibt einen Text, der andere korrigierte diesen, der erste korrigierte diesen korrigierten Text wiederum, der andere korrigiert den korrigierten Korrekturtext – und so kamen wir in eine endlose Optimierungsschleife, die uns nur nervte und oftmals in sinnlose Diskussionen führte. Irgendeinmal stellten wir radikal um: Einer von uns beiden schrieb den Erst-Text, der zweite korrigierte und dann war gut. Ich habe sogar die Korrekturen von Stefan nie mehr angesehen – ich wusste, das passt dann.

Beltz: Haben Sie eine Lieblingsfrage?

Scholer: Im beruflichen Kontext bei einem Problem, das gerade im Team besprochen wird, könnte es die Frage sein: „Welche Frage haben wir uns denn jetzt noch nicht gestellt?“, oder diese hier: „Stellen wir uns einfach mal vor, unsere Kunden hätten unsere Diskussion in den letzten anderthalb Stunden beobachtet, was wäre den Kunden aufgefallen?“. Sie können in dieser Frage das Wort Kunden gerne auch durch „außerirdische Lebewesen“ ersetzen.

Beltz: Gibt es wirklich keine „dummen“ Fragen?

Patrzek: Nun, wenn man von einer Kaskade von vier Warum-Fragen nacheinander absieht, die Fragestellenden niemals vorwärtsbringt, nein.

Scholer: Das sehe ich ähnlich. Dumme Fragen gibt es an sich mit Sicherheit nicht. Sie selbst haben natürlich das Recht, eine Frage als „dumm“ zu empfinden. Das ist aber nur Ihre persönliche Interpretation dieser Frage. Derjenige aber, der die Frage stellte, verbindet mit der Frage immer ein Anliegen, eine Absicht, einen Grund, warum er gerade diese Frage stellte. Dumme Fragen sind fast immer interessant. Vielleicht werden in der zwischenmenschlichen Kommunikation, oder auch im beruflichen Kontext, viel zu wenig „dumme“ Fragen gestellt.