Liebe Ramona, Du bist Stillberaterin und hast jetzt ein Buch zum Stillen geschrieben. Warum ist Dir das Thema so wichtig?
Ich selbst wollte unbedingt stillen und dachte: zwei Brüste, das Baby kommt, was soll da noch schief gehen. Tja nun. Ohne den Austausch mit anderen Stillenden, die Unterstützung meines Mannes, viel viel Eigenrecherche und meinen Dickkopf wäre das nichts geworden. Ich wurde also Stillberaterin, wollte anderen diesen Weg ersparen. Leider kämpfen wir immer noch gegen Mythen und veraltetes Wissen. Mein Ziel: Alle, die stillen wollen, sollen es auch können dürfen. Und das maximal aufgeklärt und informiert.
Was ist das Besondere an Deinem Buch?
Ich wollte kein romantisches Still-Bullerbü, aber auch keine Horrorgeschichten verbreiten. Stillen ist mehr als nur schön oder super nervig. Ich wollte ein Buch auf Basis neuster Erkenntnisse erschaffen, das das Stillen realistisch, ehrlich und in all seinen Facetten zeigt, inhaltlich, aber auch optisch: So gibt es Diversität in den Illustrationen, ungeschönte Fotos, die eben auch echte Menschen in ihrer Vielfalt zeigen. Wichtig waren mir auch die sonst vergessenen Themen, die aber doch mehr Familien betreffen als wir denken: Stillen mit Neurodivergenz, Behinderung oder Erkrankungen, LGBTQ+ Familien, Tandem- und Co-Stillen. Das ganze ohne Schwurbel, evidenzbasiert und mit einer guten Portion Humor und Leichtigkeit.
Stillen und Feminismus – was hat das für Dich miteinander zu tun?
Feminismus bedeutet für mich auch Aufklärung über den eigenen Körper und das Recht auf informierte Entscheidungen, etwa ob und wie ich stillen möchte. Gerne wird behauptet, dass ich als Feministin nicht stillen könne, weil das die Gleichberechtigung der Eltern einschränkt und das Vorankommen des Feminismus sogar behindern würde. Allein an der Ernährungsform eines Kindes sollte aber doch gleichberechtigte Care Arbeit und Elternschaft nicht scheitern. Ich würde eher sagen, das Patriarchat schadet dem Stillen, indem es die weibliche Brust zunehmend sexualisiert hat und die Menschen glauben lässt, Ersatznahrung sei besser als Brustmilch. Zusätzlich ist es für mich eine feministische Aufgabe eine Lobby für das Stillen zu schaffen. Immer noch werden Stillende aus Restaurants geworfen, sollen sich in der Öffentlichkeit bedecken oder haben kaum Schutz und Rechte am Arbeitsplatz.
Wem möchtest Du Dein Buch ans Herz legen?
Jedem Menschen, der sich mit dem Stillen befassen möchte. Also durchaus auch, wenn der Wunsch zu stillen erst mal noch gar nicht so da ist. Nur wer ausreichend informiert ist, kann eine gute Entscheidung treffen. Das Buch ist für Schwangere, sie können sich mit dem Buch einstimmen und vorbereiten. Es ist für Stillende, die sich ein Nachschlagewerk wünschen. Und schließlich für alle Menschen, die mit Stillenden arbeiten, wie Hebammen, Stillberaterinnen, Gynäkologinnen, Doulas, Mütterpflegerinnen, usw.