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Pressemeldung

Mittwoch, 17. Dezember 2025

Leandra Vogt über ihr neues Buch »Liebe, Trotz & all the feelings«

Umfassender Rat zur Autonomiephase

Liebe Leandra, in Deinem neuen Buch geht es um die Autonomiephase. Viele Eltern kennen diese Zeit auch als Trotzphase. Warum sprichst du lieber von der Autonomiephase?
Ich spreche bewusst von der Autonomiephase, weil »Trotz« noch häufig mit einem Fehlverhalten verbunden wird – in früheren Generationen noch ein kindliches Verhalten, das »korrigiert« werden muss. Aber das Gegenteil ist der Fall: Diese Phase ist ein ganz zentraler Teil der gesunden Entwicklung. Kinder entdecken ihr eigenes Ich, ihren Willen, ihre Grenzen. Sie üben zum allerersten Mal in ihrem Leben, für sich einzustehen.
Was von außen wie Drama und Austesten aussieht, ist von innen Wachstum und gesunde Entwicklung: Wut, Frust, »Nein!« – all das ist Training in Selbstbestimmung und Regulation. Wenn wir diese Phase als Autonomiephase sehen, öffnet das den Raum für eine neue Haltung: weg vom Denken in »Fehlverhalten«, hin zum Verständnis für einen wichtigen Entwicklungsschritt.

 

Wie können Eltern gelassener auf kindliche Wut reagieren, ohne sich selbst zu verlieren?
Gelassenheit entsteht nicht durch »höhere Erziehungskunst«, sondern durch Verständnis und Verbindung zum Kind, zu sich selbst und dem Hier und Jetzt. Wenn wir wissen, dass das kindliche Gehirn Gefühle noch nicht bremsen kann, fällt es leichter, die Wut nicht als Angriff, Test oder Manipulation zu interpretieren.
Wichtig ist außerdem, die eigenen Grenzen im Blick zu behalten: Ich darf sagen: »Ich kann dich gerade nicht tragen.« Ich darf atmen, kurz rausgehen oder später etwas wiedergutmachen. Ich darf selbst Gefühle haben. Es geht nicht darum, immer ruhig zu bleiben, sondern präsent zu bleiben. Echte Gelassenheit entsteht, wenn wir uns selbst genauso ernst nehmen wie unser Kind.

 

 

Wie wichtig ist die elterliche Intuition im Umgang mit Gefühlen unserer Kinder?
Enorm wichtig. Intuition können wir als eine Art inneres GPS sehen, das uns durch Situationen führt, für die es kein Patentrezept gibt. Wir schulen unser GPS, im Zusammensein mit unserem Kind. Wir kennen es und seine feinen signale am längsten und besten und können – wie niemand sonst – deuten, was es nonverbal mitteilen möchte. Natürlich ist es gut, Hintergründe zu kennen – warum Kinder wütend werden, wie ihr Gehirn reift, was sie brauchen. Aber am Ende sind die feinsten, höchst individuellen Signale unserer Kinder die entscheidenden – und die nehmen wir intuitiv wahr.
Ich möchte Eltern darin bestärken, ihrem Gefühl wieder mehr zu vertrauen. Nicht jedem Trend, nicht jeder Anleitung, nicht jedem »Experten«. Jede Familie funktioniert anders. Intuition verbindet Wissen mit Herz und lässt die Eltern wieder klarer, selbstbestimmter und gelassener reagieren – das ist die Kombination, die Kinder am meisten trägt.

 

Das ständige »Nein« kennen sicher alle Eltern. Was steckt dahinter – und warum ist es wichtig, es ernst zu nehmen?
Das »Nein« ist nichts anderes als Identitätsarbeit. Kinder erforschen: »Wer bin ich? Was will ich? Wo ist meine Grenze?«
Dieses kleine Wort ist der erste Ausdruck von Selbstbestimmung. Wenn wir es nicht persönlich nehmen, sondern als Übungsfeld sehen, schaffen wir etwas sehr Wichtiges: Wir vermitteln unserem Kind, dass sein Wille zählt – auch wenn wir natürlich nicht jeden Wunsch erfüllen können und auch nicht sollten.
»Nein« ist kein Machtspiel. Es ist Selbstwerdung. Und genau deswegen dürfen wir es ernst nehmen.