Jahrgang 54 – Heft 1 – Januar/Februar 2008
Hinweise zur äußeren Form einzureichender Manuskripte V
Mitteilung der Redaktion VIII
Cristina Allemann-Ghionda/Roland Reichenbach
Einleitung in den Thementeil
Astrid Messerschmidt
Pädagogische Beanspruchungen von Kultur in der Migrationsgesellschaft
Bildungsprozesse zwischen Kulturalisierung und Kulturkritik
„Kultur“ ist zu einem heiß umkämpften Terrain geworden. Auf der globalen politischen Bühne und im nationalen Kontext wird Kultur für Identitätsmarkierungen in Stellung gebracht. Pädagogik ist in die Prozesse kultureller Identitätsmarkierungen involviert, wenn sie den Kulturbegriff beansprucht. Der pädagogische Umgang mit der Kategorie Kultur ist produktiv und beteiligt an Zugehörigkeitsbegrenzungen. Der Beitrag geht den Spannungsfeldern im pädagogischen Umgang mit der Kulturkategorie in der bundesdeutschen Einwanderungsgesellschaft nach und skizziert Perspektiven für eine selbstkritische Praxis kultureller Bildungsprozesse.
Cristina Allemann-Ghionda
Für die Welt Diversität feiern – im heimischen Garten Ungleichheit kultivieren?
In diesem Beitrag wende ich mich in einem ersten Schritt der Entwicklung der interkulturellen Erziehung bzw. Bildung und Pädagogik als erziehungswissenschaftlichem Ansatz zu, wobei aus systematischen Gründen europäische Diskurse im Mittelpunkt stehen. In einem zweiten Schritt werden Stellungnahmen europäischer Institutionen zur Interkulturalität und Diversität den bildungspolitischen Rhetoriken zweier Bildungssysteme (Deutschland und Italien) gegenübergestellt. In einem dritten Schritt zeige ich, wie die OECD-Analysen der Ergebnisse von PISA, welche die bekannte Diskrepanz zwischen den Leistungen der Migranten und denjenigen der Nichtmigranten bestätigen, zu einem neo-assimilationistischen Kurs beitragen, der sich in neueren nationalen und regionalen bildungspolitischen Programmatiken widerspiegelt und dem europäischen Lob der Diversität widerspricht. Für die weitere Theoriebildung auf dem Gebiet der Interkulturalität und Diversität stellt sich die Grundsatzfrage, wie das für die interkulturelle Bildung zentrale Paradigma der Gleichheit und Anerkennung von Kulturen im Verhältnis zu den mindestens ebenso wichtigen Kategorien sozioökonomischer Status und Geschlecht zu gewichten ist.
Nicolle Pfaff
Jugendkulturen als Kontexte informellen Lernens
Nur ein Risiko für die Schulkarriere?
Der Beitrag zeigt einen möglichen Perspektivwechsel in der Forschung zu Jugendkulturen auf, indem er diese als Kontexte informellen Lernens betrachtet. Ausgehend von einem knappen Überblick über das Verhältnis von Jugendkultur und Bildung in der empirischen Forschung zu Jugendkulturen werden auf der Basis von empirischen Materialien aus einer quantitativen und einer qualitativen Studie einige Befunde zum Verhältnis von Jugendkultur und Schule und zu Lernprozessen in jugendkulturellen Kontexten vorgestellt.
Ingo Kollar/Frank Fischer
Was ist eigentlich aus der neuen Lernkultur geworden?
Ein Blick auf Instruktionsansätze mit Potenzial zur Veränderung kulturell geteilter Lehr- und Lernskripts
In den letzten Jahren wurde in der Bildungsdiskussion erneut der Ruf nach einer neuen Lernkultur laut. In der neuen Lernkultur soll das Lernen aktiv, konstruktiv, selbstbestimmt, motiviert, sozial und flexibel von Medien unterstützt sein. In diesem Artikel werden fünf Instruktionsansätze, die im Laufe der letzten Jahre neu oder weiter entwickelt wurden, dahingehend analysiert, inwieweit bzw. wie sie zentrale Aspekte der neuen Lernkultur theoretisch elaborieren und damit für empirische Untersuchungen fruchtbar machen. Ein wichtiges Fazit ist, dass die Ansätze durch die vorgenommenen theoretischen Ausdifferenzierungen zumindest in einzelnen Bereichen Potenzial zur Stimulation empirischer Forschung haben und Beiträge zur Etablierung einer neuen Lernkultur im Sinne einer Veränderung kulturell geteilter Lehr- und Lernskripts leisten können.
Werner Helsper
Schulkulturen – die Schule als symbolische Sinnordnung
Der Beitrag bilanziert die Entwicklung schulkulturtheoretischer Positionen vom normativen Verständnis zum „cultural turn“ in der Schultheorie. Im Zentrum steht der Entwurf einer Theorie der Schulkultur, in der Schulen als symbolische Ordnungen von Diskursen, Interakten, Praktiken und Artefakten in der Spannung von Imaginärem, Symbolischem und Realem gefasst werden. Schulkulturen erscheinen als Ordnungen pädagogischen Sinns, die durch die Akteure der Einzelschule in der Auseinandersetzung mit Sinnstrukturen höherer Ordnung handelnd konstituiert und transformiert werden. In den Anerkennungskämpfen der schulischen Akteure ergeben sich dominante Sinnordnungen, in denen jeweils exzellente, tolerable, marginalisierte und tabuisierte kulturelle Entwürfe und Praktiken enthalten sind. Sie korrespondieren mit milieuspezifischen Habitusformen und stellen für Heranwachsende Passungsverhältnisse zwischen Homologie und Abstoßung her. Das wird am Beispiel eines Gymnasiums exemplarisch verdeutlicht.
Deutscher Bildungsserver
Linktipps zum Thema „Kulturen der Bildung“
Uwe Maier
Rezeption und Nutzung von Vergleichsarbeiten aus der Perspektive von Lehrkräften
Vergleichsarbeiten sollen die datenbasierte Schul- und Unterrichtsentwicklung an Schulen initiieren und stützen. Voraussetzung hierfür ist die Akzeptanz zentraler Testsdurch Lehrkräfte und die gezielte Nutzung der Leistungsrückmeldungen für bestimmte Bereiche des unterrichtlichen Handelns. In einer Studie direkt im Anschluss an die erste verpflichtende Vergleichsarbeitsrunde in Baden-Württemberg wurden (n=307) Lehrkräfte zum pädagogischen Nutzen der rückgemeldeten Leistungsdaten sowie zu möglichen Kontextfaktoren schriftlich befragt. Die Ergebnisse weisen vor allem auf schulformspezifische Differenzen in der Wahrnehmung von Vergleichsarbeiten hin. Lehrkräfte sehen überdies eher eine selektionsdiagnostische Nutzung der Leistungsdaten, obwohl die Akzeptanz der Vergleichsarbeiten stark mit der förderdiagnostischen Nutzung zusammenhängt.
Susann Rabold/Dirk Baier
Gewalt und andere Formen abweichenden Verhaltens in Förderschulen für Lernbehinderte
Abweichendes Verhalten in Förderschulen für Lernbehinderte wird bislang in der empirischen Forschung wenig thematisiert, obwohl v.a. aufgrund der spezifischen Zusammensetzung der Schülerschaft von einer erhöhten Problembelastung auszugehen ist. Mit Hilfe von Schülerbefragungen, die in Förderschulen in Oldenburg und Hannover in den Jahren 2005 und 2006 in der neunten Jahrgangsstufe durchgeführt worden sind, lässt sich das bestehende Desiderat über die Häufigkeit des Vorkommens verschiedener Formen der Viktimisierung (Opferwerdung) und verschiedener Formen abweichenden Verhaltens teilweise schließen. Der Vergleich mit anderen Schulformen zeigt dabei, dass Jugendliche, die in Förderschulen unterrichtet werden, tatsächlich häufiger als Jugendliche in Realschulen oder Gymnasien Opfer von Gewalt geworden sind. Sie führen zudem in ähnlicher Häufigkeit wie Jugendliche an Hauptschulen gewalttätige und delinquente Verhaltensweisen aus; beim Drogenkonsum und Schulschwänzen gehören sie allerdings deutlich seltener als Hauptschüler zu den Problemgruppen. Die Risikofaktoren, die in Zusammenhang mit einer erhöhten Gewaltbereitschaft stehen, sind über die verschiedenen Schultypen hinweg weitestgehend gleich, was in einem abschließenden multivariaten Erklärungsmodell gezeigt wird.
Margret Kraul
Hartmut von Hentig: Mein Leben – bedacht und bejaht. Kindheit und Jugend
Ewald Terhart
Dietlind Fischer/Volker Elsenbast (Hrsg.): Zur Gerechtigkeit im Bildungssystem
Werner Georg (Hrsg.): Soziale Ungleichheit im Bildungssystem. Eine empirischtheoretische Bestandsaufnahme
Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (Hrsg.): Bildungsgerechtigkeit. Jahresgutachten 2007 des Aktionsrats Bildung
Frauke Stübig
Sylvia Jahnke-Klein/Hanna Kiper/Ludwig Freisel (Hrsg.): Gymnasium heute. Zwischen Elitebildung und Förderung der Vielen
Burkhard Müller
Jochen Kade/Wolfgang Seitter (Hrsg.): Umgang mit Wissen. Recherchen zur Empirie des Pädagogischen. Band 1: Pädagogische Kommunikation. Band 2: Pädagogisches Wissen
Pädagogische Neuerscheinungen