Jahrgang 53 – Heft 3 – Mai/Juni 2007
Bernd Zymek
Die Aktualität der regionalen Schulentwicklung als Gegenstand der empirischen Bildungsforschung
Einführung in den Thementeil
Sandra Sikorski
Differenzierungsprozesse in städtischen Schullandschaften:
Das Beispiel der Hauptschulen
Städte mit einer differenzierten Berufs- und Sozialstruktur weisen in der Regel auch differenzierte Schulangebotsstrukturen auf, die über die amtliche Differenzierung nach Schulformen hinausgehen. Diese Beobachtung macht die Differenzierung von Schulen gleicher Schulformen zu einemThema der regionalen Schulentwicklungsforschung. Die Erhebungen der statistischen Landesämter haben einen Differenzierungsgrad erreicht, der es erlaubt, auf der Grundlage amtlicher Daten diese Prozesse zu analysieren. In diesem Beitrag werden die Daten exemplarisch für die Hauptschulen in zwei Großstädten im Bundesland NRW ausgewertet. Innerhalb der Hauptschullandschaften sind jeweils stadtspezifische Differenzierungsprozesse zu beobachten, die sich durch eine inoffizielle Aufgabenteilung einzelner Hauptschulen äußern.
Thomas Hauf
Innerstädtische Bildungsdisparitäten an der Übergangsschwelle von den Grundschulen zumSekundarschulsystem
Innerstädtische Disparitäten werden neben dem Stadt-Land-Gefälle immer häufiger in Studien zur Bildungsungleichheit einbezogen. Eine vergleichende Analyse von amtlichen Daten zum Übergang von den Grundschulen zu den Sekundarschulen, wie sie im Folgenden für die Städte Mannheim und Heidelberg vorgelegt wird, zeigt (a) dass die Übergangsquoten zwischen Grundschulen und Stadtteilen zum Teil erheblich differieren, (b) dass ein straffer Zusammenhang zwischen dem sozialstrukturellen Profil des Stadtteils und den Bildungsaspirationen der dort lebenden Familien besteht, (c) dass eine Tendenz zur „Versäulung“ von bestimmten Grundschulen zu beobachten ist und (d) dass diese Disparitäten im Zeitraum zwischen 1980 und 2002 eine beachtliche Persistenz aufweisen.
Hermann Budde
Die Entwicklung regionaler Schulstrukturen in peripheren ländlichen Räumen unter dem Paradigma demografischer Schrumpfung
In großen zusammenhängenden Regionen der ostdeutschen Länder gewinnt die Frage des Erhalts regionaler Bildungssysteme in peripheren Räumen mit geringer Bevölkerungsdichte und großer Zentrenferne eine neue Dimension. Verschärft wird die Lage durch den dramatischen Einbruch der Schülerzahlen. Szenarien der Bevölkerungsentwicklung deuten darauf hin, dass in einigen Jahren auch Regionen in den westdeutschen Bundesländern mit diesem Problem konfrontiert sein werden. Die Zielkonkurrenz zwischen Schrumpfungsszenarien und annähernd ausgewogenen gleichwertigen schulischen Versorgungsstrukturen erfordert neue Entwicklungsstrategien auf der Ebene regionaler Planung ebenso wie auf der Ebene einzelschulischer Entwicklung. Rechtlich garantierte Wahloptionen für Bildungslaufbahnen treten zurück hinter das Ziel der Garantie einer schulischen Mindestversorgung. In diesem Beitrag werden die quantitativen Rahmendaten und planerischen Prozesse für zwei periphere ländliche Regionen des Landes Brandenburg dargestellt und in ihren vorläufigen Ergebnissen bewertet.
Bernd Zymek/Julia Richter
International-vergleichende Analyse regionaler Schulentwicklung: Yorkshire undWestfalen
In dem Artikel werden ausgewählte empirische Befunde aus zwei Forschungsprojekten integriert, um den möglichen Ertrag einer international-vergleichenden Analyse regionaler Schulentwicklung für die Vergleichende Erziehungswissenschaft auszuloten. Mit diesem Ziel werden amtliche Daten zu den allgemein bildenden Sekundarschulen in zwei englischen (York und Bradford) und zwei deutschen (Münster und Bochum) Großstädten in Tabellen systematisiert und in zwei Schritten ausgewertet: Es wird gezeigt, dass das Schulrecht in England und Nordrhein-Westfalen ein breites Spektrum von Prinzipien und Instrumenten der Schulgliederung eröffnet, das in jeder Stadt zur Entwicklung von ortsspezifischen und sehr differenzierten Schulangebotstrukturen geführt hat. Die Daten zur sozialräumlichen Vernetzung der Schulen geben darüber hinaus eine inoffizielle Typologie von Schulen zu erkennen, die andere Dimensionen der schulischen Profilbildung ergänzen oder überlagern. Abschließend werden die Ergebnisse der empirischen Analyse im Kontext aktueller wissenschaftlicher und bildungspolitischer Debatten diskutiert.
Deutscher Bildungsserver
Linktipps zumThema »Regionale Schulentwicklung«
Johannes Giesinger
Was heißt Bildungsgerechtigkeit?
Es gilt meist als ausgemacht, dass Bildungsgerechtigkeit in einer Gesellschaft dann erreicht ist, wenn Chancengleichheit herrscht. Dieser Beitrag erläutert die Idee der Bildungschancengleichheit, umsie anschließend einer Kritik zu unterziehen. Die Kritik zielt primär auf die gängige Auffassung, wonach ungleiche Bildungsresultate, die sich aus ungleichen Bedingungen des Aufwachsens ergeben, moralisch illegitim sind. An die Stelle dieser Auffassung, so wird vorgeschlagen, soll eine Schwellen-Konzeption der Bildungsgerechtigkeit treten: Demnach ist Bildungsgerechtigkeit gewährleistet, wenn alle Kinder ein schulisches Kompetenzniveau erreichen können, welches ihnen ein gedeihliches Leben in einer modernen Gesellschaft ermöglicht. Schulische Ungleichheiten oberhalb dieses Niveaus sind moralisch unproblematisch.
Katrin Kraus
Die »berufliche Ordnung« im Spannungsfeld von nationaler Tradition und europäischer Integration
Der Beitrag geht von der für den deutschen Kontext charakteristischen „beruflichen Ordnung“ aus, die sich amÜbergang zum20. Jahrhundert herausgebildet hat. Für ihre Stabilität und Dynamik ist die enge Verbindung von Strukturen der Berufsbildung und Berufskonzept grundlegend. Im Beitrag werden daher die strukturellen und konzeptionellen Grundlagen der beruflichen Bildung in Deutschland (Duales System, Beruflichkeit) mit aktuellen Entwicklungen auf europäischer Ebene (EQF/ECVET, employability/Beschäftigungsfähigkeit) konfrontiert und übergreifend in ihrer Bedeutung für die „berufliche Ordnung“ analysiert. Im Zentrum steht dabei das Zusammenspiel von einerseits strukturellen und konzeptionellen Aspekten sowie andererseits nationaler und europäischer Ebene.
Heinz-Elmar Tenorth
Birgit Ofenbach: Geschichte des pädagogischen Berufsethos
Jürgen Reyer
Sabine Andresen/Isabell Diehm (Hrsg.): Kinder, Kindheiten, Konstruktionen
Vera Moser
Christian Liesen: Gleichheit als ethisch-normatives Problem der Sonderpädagogik
NicoleWelter
Werner Hüllen/Friederike Klippel (Hrsg.): Sprachen der Bildung – Bildung durch Sprachen im Deutschland des 18. und 19. Jahrhunderts
Habilitationen und Promotionen in Pädagogik 2006
Pädagogische Neuerscheinungen