Zeitschrift für Pädagogik - Inhaltsverzeichnis
Jahrgang 48 – Heft 6 – November/Dezember 2002

Thementeil: Organisationstheorie und Bildungsinstitutionen
815 Wolfgang Schönig

Organisationskultur der Schule als Schlüsselkonzept der Schulentwicklung

Zusammenfassung: Der Text knüpft an die gegenwärtige Diskussion über Schulentwicklung an und prüft die disparaten Vorstellungen von einer Kultur der Schule, um die Theorie der Entwicklung der einzelnen Schule anzuregen. Dazu wird der relative Nutzen von Leistungsvergleichen zwischen Schulsystemen und werden die Leerstellen zwischen diesem speziellen Forschungstypus und der Einzelschulforschung kenntlich gemacht (1). Die häufig diskutierten Begriffe Kultur und Schulkultur werden kritisch analysiert, die mit ihnen verbundenen konzeptionellen Vorstellungen als schultheoretisch unbrauchbar zurückgewiesen (2). Dem Schulkulturbegriff wird das organisationstheoretische Konzept der Organisationskultur gegenübergestellt. Die Organisationskultur der Schule erhält als deren Sinnsystem den Status eines Schlüsselkonzepts der Schulentwicklung (3). Eine vertiefende Betrachtung des ethnologischen Ansatzes der Organisationskultur arbeitet dessen Kritik heraus (4). Der letzte Teil des Beitrages markiert die methodischen Anknüpfungspunkte des organisationskulturellen Ansatzes und hält offene Fragen fest (5).


835 Christine Schaefers

Der soziologische Neo-Institutionalismus.
Eine organisationstheoretische Analyse- und Forschungsperspektive auf schulische Organisationen

Zusammenfassung: Der organisationssoziologische Neo-Institutionalismus ist bislang in den Erziehungswissenschaften kaum oder nur ansatzweise rezipiert worden. Dieser Befund steht in Kontrast zu der bedeutenden Stellung, die neo-institutionalistische Ansätze in der internationalen Organisationsforschung sowie auch in der deutschen organisationstheoretischen Diskussion einnehmen. Mit der Zielsetzung, das Potenzial einer neo-institutionalistischen Perspektive auf schulische Organisationen aufzuzeigen, gibt der vorliegende Beitrag zunächst einen Überblick über theoretische Grundzüge und aktuellere Weiterentwicklungen des soziologischen Neo-Institutionalismus. Anhand der zentralen neo-institutionalistischen Argumentationen und Erkenntnisse werden in einem zweiten Schritt die Situation des deutschen Schulwesens sowie aktuelle Schulreformvorhaben diskutiert. Dabei zeigt sich aus neo-institutionalistischer Sicht im Schulsektor eine Vielfalt möglicher Analyse- und Forschungsbereiche.

856 Harm Kuper

Entscheidungsstrukturen in Schulen. Eine differenzielle Analyse der Schulorganisation

Zusammenfassung: Vor dem Hintergrund der Diskussion um die Einzelschule als Gestaltungseinheit werden Ergebnisse aus einem empirischen Forschungsprojekt vorgestellt, in dem die Entscheidungsstrukturen von Schulen Gegenstand einer explorativen Analyse sind. Ziel der Analyse ist eine differenzierende Darstellung von Strukturmustern der Schulorganisation, in denen die Perspektiven von Lehrern und Schulleitern berücksichtigt werden. Die Ergebnisse bieten einen Ausgangspunkt für multidimensionale Modellierungen der Schulorganisation.

      
879 Thomas Kurtz

Weiterbildung zwischen Beruf und Betrieb.
Zum Verhältnis von Person, Organisation und Wissen

Zusammenfassung: Kontextabhängigkeit ist ein Merkmal der modernen Gesellschaft. Und dies gilt auch für die Form der Vermittlung von Wissen in Weiterbildungsprozessen. Im besonderen Kontext der Vermittlung von mehr oder weniger arbeitsrelevantem Wissen wird in diesem Beitrag eine grundlegende Unterscheidung zwischen beruflichen und betrieblichen Formen der Weiterbildung herausgearbeitet. Entlang dieser eingeführten Differenzbestimmung wird die Transformation des in der Weiterbildung angeeigneten Wissens von Personen in kollektives Wissen von Organisationen untersucht.

Allgemeiner Teil
898 Ulrike Popp

"Sozialisation" - substantieller Begriff oder anachronistische Metapher?

Zusammenfassung: In diesem Beitrag wird der wissenschaftshistorische Verlauf des Diskurses um Sozialisation in der Rezeption der bundesdeutschen Erziehungswissenschaft seit den 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts in Ausschnitten aufgezeigt und mit der Frage verbunden, ob "Sozialisation" als substanzieller Begriff beibehalten oder als anachronistische Metapher zurückgewiesen werden sollte. Dabei steht die von Seiten der neuen sozialwissenschaftlichen Kindheitsforschung geäußerte Kritik sowie das alternative Konzept der "Selbstsozialisation" im Mittelpunkt der Ausführungen. Die Argumentationsführungen der Autorin sind als Plädoyer für die Bewahrung von Sozialisation als substanziellem Begriff zu verstehen.
      
918 Wolfgang Seitter
Erwachsenenpädagogische Ethnographie oder die Annäherung der Erwachsenenbildung an ihre Teilnehmer
Zusammenfassung: Der Aufsatz beschäftigt sich mit dem in der Erwachsenenbildung besonders virulenten Passungsproblem von Adressat und Teilnehmer. Er geht dabei von der These aus, dass aufgrund der Freiwilligkeit der Teilnahme die Erwachsenenbildung eine historisch kontinuierliche, jedoch wenig explizierte Affinität zu ethnographische Methoden aufweist. Diese These wird an drei historischen Beispielen belegt, die einerseits drei unterschiedliche Formen von Ethnographie darstellen (Adressaten-, Unterrichts- und Organisationsethnographie) und die sich andererseits im Spannungsfeld von praxiswirksamer Veränderungsabsicht und theoretischen Erkenntnisinteresse bewegen. Möglichkeiten einer stärkeren Akzentuierung ethnographischer Methoden werden schließlich am Beispiel des erziehungswissenschaftlichen Praktikums erörtert.
 
938 Heike Diefenbach/Michael Klein
"Bringing Boys Back In": Soziale Ungleichheit zwischen den Geschlechtern im Bildungssystem zuungunsten von Jungen am Beispiel der Sekundarschulabschlüsse
Zusammenfassung: Im vorliegenden Beitrag wird anhand einer Analyse der amtlichen Schulstatistik nachgewiesen, dass Jungen im deutschen Bildungssystem gegenüber Mädchen Nachteile haben: Sie beenden ihre Sekundarschulausbildung häufiger ohne oder mit Hauptschulabschluss und seltener mit einem Realschulabschluss oder der Hochschulreife. Zudem wird gezeigt, dass die Nachteile von Jungen konsistent in allen Bundesländern vorhanden sind; allerdings variiert das Ausmaß beträchtlich. Beeinflusst werden die Nachteile von Jungen im deutschen Bildungssystem vom Anteil männlicher Grundschullehrer und von der Arbeitslosenquote: Je geringer der Anteil männlicher Grundschullehrer und je höher die Arbeitslosenquote in einem Bundesland ist, desto schlechter schneiden Jungen im Vergleich zu Mädchen im Hinblick auf ihre Sekundarschulabschlüsse ab.

   
Diskussion
959 Hartmut von Hentig

Humanistische Bildung (Zu Manfred Fuhrmann: Latein und Europa. Geschichte des gelehrten Unterrichts in Deutschland von Karl dem Großen bis Wilhelm II.)

Besprechungen
973 Heinz-Elmar Tenorth

Ernst Peter Fischer: Die andere Bildung. Was man von den Naturwissenschaften wissen sollte
977 Horst Rumpf
Marga Bayerwaltes: Große Pause! Nachdenken über Schule
980 Theodor Schulze
Friedrich Schleiermacher: Texte zur Pädagogik. Kommentierte Studienausgabe

Dokumentation
986
Pädagogische Neuerscheinungen