Jahrgang 51– Heft 6 – November/Dezember 2005
Klaus-Peter Horn
Museum – Bildung – Lernen
Zur Einführung in den Themenschwerpunkt
Michael Parmentier
Die Kunst und das Museum
Stationen eines didaktischen Dilemmas
Die Museumspädagogen neigen dazu ihren Zuständigkeitsbereich vorschnell einzuschränken. Oft begnügen sie sich mit der angewiesenen Rolle eines „personalen Vermittlers“, der die vom Kurator ausgewählten und präsentierten Objekte dem Publikum im allgemeinen und dem heranwachsenden Publikum im besonderen nahe bringen und verständlich machen soll. Der Aufsatz versucht am Beispiel des Kunstmuseums zu zeigen, dass die museumspädagogischen Probleme sich schon lange vor der sogenannten personalen Vermittlung stellen. Schon die Hängung der Bilder im Ausstellungsraum führt vor ein gravierendes didaktisches Problem. Der Text identifiziert dieses ausstellungsdidaktische Problem, untersucht seine historischen Entstehungsbedingungen und verfolgt die Antworten, die darauf gegeben wurden, von den Anfängen des modernen Kunstmuseums über die „Museumsreformbewegung“ der Jahrhundertwende bis in die Gegenwart. Das didaktische Problem erweist sich am Ende als ein Dilemma, für das es keine rezeptförmigen Lösungen gibt.
Doris Lewalter/Claudia Geyer
Evaluation von Schulklassenbesuchen im Museum
Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Analyse des lern- und motivationsförderlichen Potenzials von naturwissenschaftlich-technischen Museen und Science Centern als ergänzende Lernorte zur formellen Bildung. Hierbei wird zunächst ein Überblick über die aktuelle Forschungslage gegeben, der verdeutlicht, dass zwar eine Vielzahl an Einzelstudien vorliegt, diese jedoch kaum systematisch und theoriegeleitet erfolgt sind. Ausgehend von dieser Befundlage und einer Analyse der situativen Charakteristika dieser Lernorte werden lern- und motivationstheoretische Ansätze vorgestellt, die eine Basis für eine theoriegeleitete Forschung in diesem Bereich bieten.
Nicole Rockweiler/Matthias Weinhold
Dimensionen der Virtualisierung von Museen
Mit der Popularisierung des Internet gehen gesellschaftliche Veränderungen einher, die auch von der Institution Museum nicht ignoriert werden können. Eine Konsequenz dieser Entwicklung ist der Sprung der Museen ins Internet. In dem Artikel wird der Versuch unternommen, den Begriff des virtuellen Museums in Abgrenzung von traditionellen Museen und Informationsangeboten im Internet näher zu bestimmen. Dabei geraten die Vor- und Nachteile der Expansion ins Internet für die Institution Museum in den Blick und es werden Ansätze pädagogischer Funktionalität erkennbar.
Rainer Treptow
Vor den Dingen sind alle Besucher gleich
Kulturelle Bildungsprozesse in der musealen Ordnung
Museen bieten Chancen kultureller Bildung. In den durch Ordnungsvorstellungen normativ geprägten Inszenierungsräumen werden Dinge zu Trägern von Repräsentationen, die über gegenwärtigen Alltag hinausweisen. Dem wird eine Bildungsauffassung gerecht, die Museen nicht auf den Wissensvorrat ihrer Dingwelt eng führt, von bloßen pragmatischen Verwertungsinteressen der Gegenwart Abstand zu halten weiß und dingübergreifende Sinnkontexte erzeugen kann. Zugleich können die lebensgeschichtlichen Bildungsvoraussetzungen der Besucher nicht übergangen werden, gleichwohl diese vor den Dingen alle gleich sind.
Deutscher Bildungsserver
Linktipps zum Thema Museen als Erlebnis- und Lernorte
Achim Leschinsky
Vom Bildungsrat (nach) zu PISA
Eine zeitgeschichtliche Studie zur deutschen Bildungspolitik
Der Beitrag spannt den Bogen von der gegenwärtigen Diskussion um die PISA-Ergebnisse bis zum Deutschen Bildungsrat während der 1960er- und 1970er-Jahre und lenkt dabei den Blick auch auf die OECD-Untersuchung der Bundesrepublik, die der PISA-Erhebung von 1999/2000 vorausging. In dieser Zeitspanne war das Bewusstsein auch in der Bundesrepublik maßgeblich, dass das deutsche Bildungswesen eine Reform an Haupt und Gliedern nötig habe. Dieser Erkenntnis verdankte auch der Deutsche Bildungsrat sein Entstehen, der sich vor allem die Aufgabe einer gründlichen Bildungsreform gesetzt hatte. Um so wichtiger ist die Frage, warum die Kontinuität der deutschen Bildungsmisere so lange bestehen konnte, und woran der deutsche Bildungsrat mit seinen Reformvorschlägen gescheitert ist. Ein maßgeblicher Grund scheint das Verhältnis der deutschen Erziehungswissenschaft zur Politik zur sein, das bis heute im Argen liegt.
Joachim Kahlert
Zwischen den Stühlen zweier Referenzsysteme
Zum Umgang mit heterogenen Erwartungen bei der Evaluation schulnaher Disziplinen in Lehramtsstudiengängen
Hochschuldisziplinen, die schul- und unterrichtsnahe Forschungsfelder bearbeiten und vor allem Lehramtsstudiengänge bedienen, sehen sich einer Vielfalt von Erwartungen gegenüber, die im Wissenschaftsalltag zu nicht auflösbaren Spannungsfeldern zwischen Schaffung und Verwendung von Wissen führen können (Teil 1). Dies sollte in der Auseinandersetzung über Kriterien bei der Beurteilung von Leistungen innerhalb einzelner Fächer berücksichtigt werden (Teil 2). Dabei geht es keinesfalls darum, einen Sonderstatus für solche Fächer zu reklamieren, sondern deren spezifische Forschungsbelange zu beachten. Am Beispiel einer Fachdidaktik, dem Grundschulfach Sachunterricht, soll gezeigt werden, dass unterrichtsnahe Fächer für ihre Profilierung als universitäres Fach vier „große Zugänge“ zu ihren Inhalten nutzen können, die in ihrem interpersonalen Zusammenspiel die spezifische Stärke eines jeden Faches begründen (Teil 3).
Petra Stanat/Jürgen Baumert/Andrea G. Müller
Förderung von deutschen Sprachkompetenzen bei Kindern aus zugewanderten und sozial benachteiligten Familien
Evaluationskonzeption für das Jacobs-Sommercamp Projekt
Eine zentrale Hürde für den schulischen Erfolg von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund besteht im Erwerb von deutschen Sprachkompetenzen. In Deutschland liegen jedoch kaum empirische Befunde zur Wirksamkeit von Maßnahmen der Förderung von Deutsch als Zweitsprache vor. Anknüpfend an die Literatur zum Summer Learning wurde ein Ferienprogramm zur Förderung deutscher Sprachkompetenzen für Grundschulkinder entwickelt und evaluiert. Dabei wurde ein experimentelles Design mit Zufallszuweisung zu den Untersuchungsbedingungen verwendet. Mit einer ausführlichen Beschreibung der Konzeption und Umsetzung des Designs soll in diesem Beitrag illustriert werden, wie die Forderung nach besser kontrollierten Studien in der Pädagogik eingelöst werden kann.
Patrick Bühler
„[D]ie Verwirrung des Bewusstseins in sich“
Sokrates und die Geschichte der Pädagogik
Die deutschen Geschichtsbücher der Pädagogik der letzten hundert Jahre wählen bei der Sokrates-Darstellung Platon als Gewährsmann und schaffen es ohne Schwierigkeiten, Sokrates’ von Platons 'Philosophie‘ zu unterscheiden. Dabei wird Platon immer ausführlicher behandelt als Sokrates. Der Artikel untersucht in einem ersten Teil die Mechanik‘ dieser Sokrates-Darstellungen. In einem zweiten Teil wird aufgezeigt, dass diese 'Mechanik‘ eine lange und ehrwürdige Tradition hat, welche die Sokrates-Rezeption der pädagogischen Theorien seit dem „Sokratisieren“ des 18. Jahrhunderts prägt.
Gisela Miller-Kipp
Ute Schleimer: Die Opera Nazionale Balilla bzw. Gioventù Italiana del Littoria und die Hitler-Jugend. Eine vergleichende Darstellung. Michael Kater: Hitler Jugend
Heinz-Elmar Tenorth
Birgitt Werner: Die Erziehung des Wilden von Aveyron. Ein Experiment auf der Schwelle zur Moderne
Thomas Gabriel
Friedemann Lüpke: Pädagogische Provinzen für verwahrloste Kinder und Jugendliche. Eine systematisch vergleichende Studie zu Problemstrukturen des offenen Anfangs der Erziehung. Die Beispiele Stans, Junior Republic und Gorki-Kolonie
Rolf Göppel
Christiane Vetter: Der kleine Gauner. Pädagogischer Lebensweltbezug und psychoanalytisch fundiertes Verstehen eines dissozialen Jungen
Pädagogische Neuerscheinungen