Zeitschrift für Pädagogik — Inhaltsverzeichnis

Jahrgang 54 – Heft 6 – November/ Dezember 2008

Thementeil: Systeme der Rechenschaftslegung und Schulentwicklung

Katharina Maag Merki/Knut Schwippert
Systeme der Rechenschaftslegung und Schulentwicklung
Editorial

Daniel Koretz
Test-based Educational Accountability
Research Evidence and Implications

In recent years, many nations, including Germany, have begun to use students’ scores on achievement tests to monitor the performance of schools and educational systems. Such systems have been in place for a considerable time in a few nations, notably the United States, and numerous studies of their effects have been conducted. While these studies are limited, they are sufficient to reveal serious problems that should be confronted as new systems are put in place in other nations. Research in the U.S. has shown two related types of problems in test-based accountability (TBA) systems. Studies have revealed a mix of positive and undesirable effects on teaching and other aspects of educational practice. Research has also shown that increases in scores can become seriously inflated. That is, scores can increase by a larger amount – in some cases, a far larger amount – than actual improvements in student learning warrant. This paper summarizes studies of score inflation, describes several mechanisms that produce it, and notes implications for evaluation, testing, and the design of accountability systems.

Katharina Maag Merki/Eckhard Klieme/Monika Holmeier
Unterrichtsgestaltung unter den Bedingungen zentraler Abiturprüfungen
Differenzielle Analysen auf Schulebene mittels Latent Class Analysen

Die Einführung zentraler Prüfungen ist ein wesentliches Element von Standardsicherung in den neu eingesetzten Output-Steuerungsmodellen. Inwiefern diese Prüfungen allerdings funktional sind für die Zielerreichung, ist insbesondere für die deutschsprachigen Länder empirisch nur ungenügend untersucht. In der vorliegenden Studie werden Effekte der Implementation zentraler Abiturprüfungen auf wesentliche Dimensionen der Unterrichtsqualität analysiert. Basis sind standardisierte Befragungen bei Abiturientinnen und Abiturienten in den beiden Bundesländern Hessen und Bremen im Abiturjahr 2007. Mittels Latent Class Analysen werden unterschiedliche Ergebnisstrukturen zwischen den Gymnasien und den Bundesländern herausgearbeitet, die in Teilen für das Lernen der Schüler/innen als produktiv interpretiert werden können.

LudgerWößmann
Zentrale Abschlussprüfungen und Schülerleistungen
Individualanalysen anhand von vier internationalen Tests

Zentrale Abschlussprüfungen lassen sich im Rahmen von Prinzipal-Agenten-Modellen als „Accountability“-Maßnahme verstehen, die Schüler und Schulen für ihre erbrachten Bildungsleistungen verantwortlich macht. Umfassende Regressionsanalysen anhand der Schülerindividualdaten von vier internationalen Schülerleistungsvergleichen – TIMSS 1995, TIMSS 1999, PISA 2000 und PISA 2003 – zeigen, dass zentrale Abschlussprüfungen im internationalen Vergleich mit wesentlich besseren Schülerleistungen einhergehen. Der Zentralprüfungseffekt findet sich ebenfalls im Vergleich der deutschen Bundesländer, und die dort gefundene Effektgröße lässt sich statistisch nicht von der internationalen Schätzung unterscheiden. Darüber hinaus belegen die internationalen Ergebnisse, dass zentrale Abschlussprüfungen ansonsten tendenziell eher negative Effekte erhöhter Schulautonomie vielfach in positive Effekte umdrehen. Dies belegt, dass zentrale Abschlussprüfungen nicht nur die Schüler, sondern auch die Entscheidungsträger in den Schulen zu leistungsfördernderem Verhalten bewegen.

Hans Anand Pant/MiriamVock/Claudia Pöhlmann/Olaf Köller
Offenheit für Innovationen
Befunde aus einer Studie zur Rezeption der Bildungsstandards bei Lehrkräften und Zusammenhänge mit Schülerleistungen

In dieser Studie wird untersucht, in welchem Ausmaß sich Lehrerinnen und Lehrer der Sekundarstufe I mit den 2004 verabschiedeten Bildungsstandards auseinandergesetzt haben und inwiefern sie Bildungsstandards als eine sinnvolle Innovation bewerten. Eine bundesweite Stichprobe von N=496 Lehrkräften aller weiterführenden Schulformen wurde mit einem standardisierten Instrument befragt, das auf dem Concerns-Ansatz von Hall und Hord (2006) basiert. Mithilfe von Clusteranalysen werden prototypische Profile der Auseinandersetzung identifiziert, wobei die überwiegende Mehrheit der Lehrkräfte ein Profil aufweist, das sie als „Kooperierer“ im Hinblick auf die Innovation ausweist. Weiterhin werden Mehrebenenmodelle berichtet, in denen der Zusammenhang zwischen den Einstellungsprofilen der Lehrkräfte und den Englischkompetenzen der von ihnen unterrichteten Schülerinnen und Schüler modelliert werden.

Deutscher Bildungsserver
Linktipps zumThema „Accountability – Schulentwicklung“

 

Allgemeiner Teil

Klaus-Jürgen Tillmann
Schulreform – und was die Erziehungswissenschaft dazu sagen kann

Der Autor betrachtet in einer zugleich zeitgeschichtlichen wie biografischen Weise die Entwicklung der Erziehungswissenschaft seit den 1960er Jahren – und beleuchtet zu drei historischen Stationen (1960er Jahre, 1970er Jahre, Gegenwart) das Verhältnis von Erziehungswissenschaft und Schulreform. Die gegenwärtige Situation betrachtet er vor dem Hintergrund seiner Erfahrungen als PISA-Forscher und als Akteur der Praxisforschung in der Bielefelder Laborschule. Daraus entwickelt er ein Plädoyer für eine forschungsbasierte Beteiligung der Erziehungswissenschaft am bildungspolitischen Diskurs über Schulreformen – und für eine Erziehungswissenschaft, die sich in Forschung und Lehre stärker auf die Handlungsprobleme der Lehrer/innen bezieht.

Kathrin Dedering
Der Einfluss bildungspolitischer Maßnahmen auf die Steuerung des Schulsystems
Neue Erkenntnisse aus empirischen Fallstudien

An empirischen Fallbeispielen aus zwei Bundesländern wird dargestellt, dass sich der postulierte Übergang von der hierarchischen zur kontextuellen Steuerung des Schulsystems noch längst nicht vollzogen hat. Es zeigt sich länderübergreifend, dass bestimmte Maßnahmen (Einführung von Lernstandserhebungen) nach wie vor in traditioneller Weise ausschließlich hierarchisch-zentralistisch durchgesetzt werden, während bei anderen Maßnahmen (Weiterentwicklung des Ganztagsschulangebotes) inzwischen Elemente einer kontextuellen, governance-orientierten Steuerung eine erhebliche Rolle spielen. Mit diesem Ergebnis wird die These vertreten, dass das von den Ministerien gewählte Steuerungshandeln weniger von kulturellpolitischen Traditionen oder parteipolitischen Konstellationen, als vielmehr von der Art der jeweils zu implementierendenMaßnahmen abhängig ist.

Jürgen Reyer/Diana Franke-Meyer
Muss der Bildungsauftrag des Kindergartens „eigenständig“ sein?

Die institutionellen Bezugspunkte, gegen die sich in der Vergangenheit wie heute die Forderung nach Eigenständigkeit des Bildungsauftrags des Kindergartens richtet, sind die Familie und die Schule. Gegenüber der Familie besagt sie, dass der Kindergarten nicht nur einen sozialpädagogischen Betreuungsauftrag habe, sondern auch einen pädagogischen Bildungsauftrag neben der Familie; gegenüber der Schule besagt sie, dass der Bildungsauftrag nicht oder nicht in erster Linie als vorschulischer, d.h. auf die Schule bezogener Bildungsauftrag zu definieren sei. Gegenüber der Familie hat sich die Eigenständigkeitsforderung durchgesetzt. Gegenüber der Schule lassen sich in der gegenwärtigen Diskussion zwei Positionen unterscheiden: die traditionalistische will die strikte Abgrenzung des Kindergartens zur Schule aufrechterhalten; daneben hat sich eine Reformposition herausgebildet, welche die beiden Bereiche in ein Verhältnis der Kontinuität setzen will. In dem Artikel wird dafür plädiert, den Ausdruck vom „eigenständigen Bildungsauftrag des Kindergartens“ aus der Diskussion zu nehmen, weil er unklar ist, zu Verwirrung führt und die Kommunikation mit der Grundschulpädagogik belastet.

 

Besprechungen

Hans-Christoph Koller
Heinz-Elmar Tenorth/Rudolf Tippelt (Hrsg.): Beltz Lexikon Pädagogik

Fritz Osterwalder
Holger Böning/Hanno Schmitt/Reinhart Siegert (Hrsg.): Volksaufklärung

Ulrich Herrmann
Hanno Schmitt/Anke Lindemann-Stark/Christophe Losfeld (Hrsg.): Briefe von und an Joachim Heinrich Campe

Roland Reichenbach
Eckart Liebau/Jörg Zirfas (Hrsg.): Ungerechtigkeit der Bildung – Bildung derUngerechtigkeit
Heiner Drerup/Werner Fölling (Hrsg.): Gleichheit und Gerechtigkeit

Ewald Terhart
Marilyn Cochran-Smith/Sharon Feiman-Nemser/D. JohnMcIntyre/Kelly E. Demers (Eds.): Handbook of Research on Teacher Education
Tony Townsend/Richard Bates (Eds.): Handbook of Teacher Education
Marilyn Cochran-Smith/Kenneth M. Zeichner (Eds.): Studying Teacher Education

 

Dokumentation

Pädagogische Neuerscheinungen